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Frauen und Rüstungsaktien: Warum sie mehr investieren als Männer – und was den Boom im männlich dominierten Markt antreibt

Anders als viele erwarten würden, zeigen aktuelle Entwicklungen an den Finanzmärkten, dass Frauen mittlerweile stärker in Rüstungsaktien investieren als Männer. Doch was steckt hinter diesem unerwarteten Trend? Welche Gründe bewegen Frauen, gerade in diesem traditionell männlich geprägten Markt verstärkt aktiv zu werden? Diesen Fragen ist boersen-parkett.de auf den Grund gegangen.

Die unterschiedlichsten Studien belegen es: Frauen investieren zwar seltener an der Börse, doch wenn sie es tun, landen deutlich häufiger soziale, ökologische – kurzum, nachhaltige – Assets in ihren Portfolios. So waren im vergangenen Jahr knapp 42 Prozent der börsengehandelten Indexfonds in den Portfolios von Anlegerinnen als nachhaltig klassifiziert, während der Anteil bei den Anlegern nur bei 37,6 Prozent lag. Andere Erhebungen zeigen sogar eine noch größere Kluft auf. Frauen scheinen also oft höhere moralische Maßstäbe an ihre Investments anzulegen.

Wie passt es dann ins Bild, dass Rheinmetall-Aktien bei Anlegerinnen in Deutschland nach Kaufvolumen auf dem zweiten Platz landeten, während der Rüstungskonzern bei den Anlegern erst auf Platz neun rangierte? Diese Tatsache überrascht viele Marktbeobachter. Doch es gibt plausible Erklärungsansätze.

Hierzu haben wir Regina Schickinger, Gründerin und Geschäftsführerin von FRAUEN-INVESTIEREN, befragt. Auch sie findet es bemerkenswert, dass Rheinmetall im Jahr 2023 zu den Top-Investments bei Frauen zählte. „Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte die veränderte Wahrnehmung und Priorisierung von Anlagestrategien angesichts der aktuellen geopolitischen Entwicklungen sein“, vermutet Schickinger. Ihrer Meinung nach könnten diese Beteiligungen pragmatischer Natur sein, da die Rüstungsindustrie von den erhöhten Verteidigungsetats profitiert. Noch bleibt offen, warum Frauen ihre Investments in diesem Bereich im Vergleich zu Männern so stark erhöht haben. Schickinger vermutet jedoch, dass einige Anlegerinnen ihre Portfolios bewusster diversifizieren, auch in Sektoren, die „traditionell als weniger nachhaltig gelten, um ein ausgewogenes Risiko-Ertrags-Verhältnis zu erzielen.“ Eine Strategie, die sowohl Sicherheit als auch Wachstumspotenzial berücksichtige. Dieser Ansatz erscheint uns durchaus plausibel, vor allem angesichts des sich verändernden Verständnisses von Traditionen.

In der Vergangenheit waren es häufiger Männer, die in Rüstungskonzerne investierten. Doch die veränderte geopolitische Lage scheint einen Nachholeffekt bei Frauen ausgelöst zu haben. Noch vor vier Jahren gaben knapp 53 Prozent der Deutschen an, dass sie ihr Geld aus einem Fonds abziehen würden, wenn dieser in ethisch fragwürdige Produkte wie Waffen investiert. Heute scheint sich diese Haltung verändert zu haben. Die veränderte Risikowahrnehmung geht sogar so weit, dass immer mehr Menschen fordern, die „Diskriminierung des Verteidigungssektors abzubauen“, darunter auch europäische Verteidigungsminister. Finanzminister Lindner prüft sogar, ob Rüstungsunternehmen unter bestimmten Umständen als nachhaltig klassifiziert werden könnten. Sollte sich diese – zugegebenermaßen gewagte – Einschätzung durchsetzen, wäre das Bild wieder schlüssig, und die massiven Rheinmetall-Investments von Anlegerinnen könnten im Sinne einer umfassenderen Definition von Nachhaltigkeit als folgerichtig angesehen werden. Schließlich betonen 72 Prozent der Frauen, die an der Börse aktiv sind, dass nachhaltiges Investieren für sie von großer Bedeutung ist.

Ob Rüstungsinvestitionen moralisch vertretbar oder nachhaltig sind, bleibt eine kontroverse Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Dass Anlegerinnen jedoch zunehmend geopolitische Herausforderungen in ihre Investmententscheidungen einfließen lassen, lässt sich kaum anders als weitsichtig bezeichnen. Auch viele Profis der Finanzszene handeln so: Für 80 Prozent von ihnen wird die Geopolitik bei der Fonds-Auswahl immer wichtiger. Womöglich sind die Anlegerinnen – die übrigens im Durchschnitt höhere jährliche Renditen erzielen – also auch hier einfach einen Schritt voraus.


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